Schreibwerkstatt und AK Kreativität (Fachschaft Huwi)


  • wechselnder Protagonist

    Beginne deine Geschichte mit einem beliebigen Protagonisten. Erzähle seine Geschichte. Aber nur bis er auf jemanden trifft, der bisher noch nicht vorkam. Dann wechselt der Protagonist zu diesem und erzählt dessen Geschichte weiter – wieder bis in dessen Geschichte jemand anderes auftaucht.

    Damit man sich etwas darunter vorstellen kann, sauge ich mir hier mal ein Beispiel aus den Fingern:

    Fridolin wachte auf gähnte. Als er ans Fenster trat sah er die garstige alte Nachbarin im Garten, deren Namen er nicht einmal kannte.

    Traudel hatte einen Löwenzahl erspäht. Sie hasste Unkraut. Mit einer unglaublichen Genugtuung riss sie ihn heraus und schleuderte ihn über die Wiese. Ein Kauz konnte gerade noch ausweichen.

    Er flog weg. Was sollte das. Was hatte dieser Mensch gegen ihn? EIN WURM!

    HILFE! Was mache ich in der Luft? Ich gehöre doch auf den Boden!

    Das aber nur beispielhaft mit sehr schnellen Wechseln. Viel mehr Spaß macht es, den einzelnen Protagonisten und Geschichten, deutlich mehr Platz und Leben zu geben.

    Ich persönlich finde diese Methode schön, da man sehr viele unterschiedliche Ideen in einen Text ausschütten kann, ohne viel über sinnvolle Übergänge oder eine konsistente Storyline nachdenken zu müssen.

    (Rabe)

    16. Mai 2024

  • kontemplative/achtsame Fotografie

    In dieser Art der Fotografie geht es nicht darum, das perfekte Foto zu schießen. Es geht vielmehr um eine ergebnisoffene, bewusste und achtsame Wahrnehmung der Welt im Hier und Jetzt – und als Mittel dafür nutzen wir die Fotografie. Daher nennt man diesen Ansatz auch kontemplative oder achtsame Fotografie (je nachdem ob man eher aus der christlichen oder der buddhistischen Tradition kommt).

    Wir nehmen dafür eine Kamera, die digital fotografiert. Dass sie digital fotografiert ist deshalb wichtig, damit wir möglichst viel und unzensiert fotografieren können – ohne dabei etwa auf den teuren Film zu achten. Ob es eine Spiegelreflex, Kompaktkamera oder ein Smartphone ist, ist dabei egal – ein Smartphone sollte man jedoch auf Flugmodus stellen, damit man nicht von Nachrichten abgelenkt wird.

    Ausgerüstet mit unserer Kamera gehen wir klassischerweise raus und machen einen kleinen Spaziergang. Dabei kann man beispielsweise einmal um den Block (man ist tendenziell sehr langsam) gehen oder auch einfach im Innenhof oder Campus umherspazieren. Sollte das Wetter ungünstig sein, kann man das aber auch wunderbar im Gebäude machen.

    Bei diesem Spaziergang sollten wir uns nicht ablenken – also nicht großartig mit anderen Personen unterhalten und auch keinen Podcast oder Musik hören.

    Unsere Kamera halten wir stets so einsatzbereit, dass wir möglichst wenig zögern, zu fotografieren. Im Falle einer Spiegelreflex oder Kompaktkamera empfiehlt es sich, sie einfach auf einen Automatik-Modus (oft „P„) zu stellen – so verliert man sich nicht in der Technik, sondern bleibt in der Wahrnehmung.

    Wir schauen uns beim Spaziergang in der Welt um und versuchen möglichst vieles zu entdecken und zu erforschen – und dann fotografieren wir das einfach. Dabei können wir auch so viel wir möchten ausprobieren: das Objekt mal sehr nah oder von etwas weiter weg fotografieren, mal von oben oder unten, oder verschiedenen anderen Blickwinkeln.

    Für mich persönlich ist es naheliegend und einfach, sehr ins Detail zu gehen und Makrofotografie zu machen – aber das mag für jeden unterschiedlich sein. Andere schauen lieber auf Schattenspiele und Reflexionen, andere auf merkwürdig und in der Umgebung unpassende oder hervorstechende Objekte.

    Ich hänge noch eine sehr subjektive Auswahl von Beispielfotos an, damit man sich grob vorstellen kann, wie das zumindest bei mir aussieht:

    (Rabe)

    16. Mai 2024

  • Theaterszene

    Schreibe eine kleine Szene im Stil eines Theaterstücks. Das Thema ist vollkommen egal. Es bietet sich aber an, dass man zwei Personen irgendwie miteinander reden, diskutieren, streiten, … lässt.

    Der epochale Stil der Szene ist auch egal – lass es ein modernes Stück wie „Die Physiker“ oder eines im Stile des Sturm und Drangs wie „Kabale und Liebe“ sein. Hier ein Ausschnitt aus diesen beiden Stücke, um zu zeigen wie unterschiedlich Theater sein kann:

    NEWTON: Sir Isaac Newton.
    INSPEKTOR: Kriminalinspektor Richard Voß. Er bleibt sitzen.
    NEWTON: Erfreut. Sehr erfreut. Wirklich. Ich hörte Gepolter, Stöhnen, Röcheln, dann Menschen kommen und gehen. Darf ich fragen, was sich hier abspielt?
    INSPEKTOR: Schwester Irene Straub wurde erdrosselt.
    NEWTON: Die Landesmeisterin des nationalen Judoverbandes?
    INSPEKTOR: Die Landesmeisterin.
    NEWTON: Schrecklich.
    INSPEKTOR: Von Ernst Heinrich Ernesti.
    NEWTON: Aber der geigt doch.
    INSPEKTOR: Er muß sich beruhigen

    Dürrenmatt, Die Physiker

    LUISE (drückt ihn von sich, in großer Bewegung): Nichts mehr! Ich bitte dich, schweig! – Wüßtest du – Laß mich – du weißt nicht, daß deine Hoffnungen mein Herz wie Furien anfallen. (Will fort.)

    FERDINAND (hält sie auf): Luise? Wie! Was! Welche Anwandlung?

    LUISE: Ich hatte diese Träume vergessen und war glücklich – Jetzt! jetzt! von heut an – der Friede meines Lebens ist aus – Wilde Wünsche – ich weiß es – werden in meinem Busen rasen. – Geh – Gott vergebe dir’s – Du hast den Feuerbrand in mein junges, friedsames Herz geworfen, und er wird nimmer, nimmer gelöscht werden. (Sie stürzt hinaus. Er folgt ihr sprachlos nach.)

    Friedrich Schiller, Kabale und Liebe

    Einschätzung des Autors: Ich finde diese Methode recht interessant, um sich an einen extrem dialog-lastigen Text zu versuchen. Eine detaillierte Beschreibung der Charaktere in Mimik, Gestik und Sprechweise, oder wie die Szene visuell zu gestalten ist, findet man in Skripten oder Drehbüchern wenig. Dadurch zwingt man sich beim Schreiben, sich auf den Dialog zu fokussieren.

    (Rabe)

    10. Mai 2024

  • missverstandene Themen

    Manchmal hat man in einer Sitzung mit einer Beraterin, Therapeutin oder in einem Gruppensetting das Gefühl, dass man zwar fünf Minuten lang das eigene Problem darlegt – die anderen es aber, gemessen an ihren Lösungsvorschlägen, vielleicht doch nicht so richtig begriffen haben. Manchmal ziehen sie trotzdem den Abwegen aber dennoch etwas für sich heraus – Good for you!

    Aus dieser Beobachtung heraus ist diese Methode entstanden: Jede Teilnehmerin schreibt ein kurzes Thema oder Statement auf, das sie (oder auch eine Freundin/Bekannte) gerade beschäftigt. Dieses Thema wird dann in die Runde gegeben und jemand anderes kann dies als Inspiration für einen Text nehmen (für die ursprüngliche Ideengeberin mal mehr und mal weniger treffend oder hilfreich ?‍♀️).

    Damit auch die wirklich bedeutsamen Themen eingereicht werden könnt ihr beispielsweise https://tweedback.de/ benutzen. Dort kann man dann eine „Chatwall“ erstellen. Auf dieser können die Teilnehmerinnen anonym etwas schreiben. (Natürlich kann man das auch ganz analog auf Zetteln machen – wenn man keine Bedenken hat, dass die Handschrift einen verraten könnte).

    Die eingereichten Themen können kurze Stichpunkte oder auch längere Gedanken, Statements oder Überlegungen sein; beispielsweise:

    • Keine Ahnung, was ich mit meinem Life anfangen soll. #lost
    • Ich will mich nach 7 Jahren von meiner Partnerin trennen und weiß nicht wie.
    • Ich bin beim Running Dinner mit der Hauptspeise dran, habe im Leben aber noch nicht mehr als Toast gekocht.
    • Prüfungsangst
    • Rasieren – ja oder nein?

    Dabei sollte man bedenken, dass man das Thema zur (auch komödiantischen oder frevelhaften) Interpretation freigibt. Wer das bei einem Thema nicht möchte, der sollte das dann auch nicht reinschreiben.

    Jede Teilnehmerin kann beliebig viele oder wenige Themen einbringen; manche mögen vielleicht auch einfach nichts teilen.

    Nun wählt sich jede Teilnehmerin ein ganz konkretes Thema aus (oder wandelt eines ab) und schreibt einen Text darüber.

    (Rabe)

    28. April 2024

  • a good ending to start with

    Ich habe den Quirks, dass ich immer den letzten Satz eines Buches als erstes lese. Und weil Bücher einen starken ersten und letzten Satz haben sollten, könnte man doch die letzten Sätze einmal in erste verwandeln:

    • Denn hier hört die Geschichte auf.
    • Während sie auf die Häuser zuschritten, fing es zu schneien an, leicht und in feinen Flocken, wie Mehl, das aus einem großen Sieb auf sie niederfiel.
    • „Ich hatte dich schon mal mal, oder?“, sagte sie.
    • He loved Big Brother.
    • „Well, I’m back“, he said.
    • Ich habe so viel falsch gemacht, so viele Menschen verletzt und Leid geschaffen; bitte verzeih mir.
    • Alles war gut.
    • Tief verneigte er sich, bis zur Erde, vor dem regungslos Sitzenden, dessen Lächeln ihn an alles erinnerte, was er in seinem Leben jemals geliebt hatte, was jemals in seinem Leben ihm wert und heilig gewesen war.
    • Wer die Fragen nicht beantwortet, hat die Prüfung bestanden.
    • Schade eigentlich!
    • Denn das ist es, was Gefühle sind: die Verbindung zwischen den Menschen.
    • Und es interessiert mich eigentlich auch gar nicht sonderlich, es herauszufinden.
    • Aus irgendeinem Grund spürte ich, dass an diesem Nachmittag mein Leben begann.
    • Das ist der Schlüssel zum Glück.
    • Das wahre Leben beginnt nach dem Aufräumen!
    • Dort unten, in uns drin, lauert nicht der Feind.
    • Und nach allem, was wir gehört haben, sollte uns das nicht mehr überraschen.
    • Das ist das Ende der Einsamkeit.
    • And go to bed with fucking gratitude.
    • So hoffnungslos einfach ist die Lösung.
    • Snow lands on top.
    • Nur noch die Geige Einsteins ist zu hören.
    • Mozart wartete auf mich.
    • Der Unterricht geht weiter.
    • Ich hoffe es bringt ihn zum Lächeln, wo immer er nun auch sein mag.

    Um Priming zu vermeiden habe ich die Quellen bewusst weggelassen. Im Anhang ist aber eine Excel-Datei, in der sie aufgeführt sind – diese eignet sich auch gut, um für einen Workshop ausgedruckt und zerschnitten zu werden.

    Womit die Geschichten aufhören.xlsxHerunterladen

    (Rabe)

    17. Dezember 2023

  • Der Baum

    Der Baum hat Äste, das ist das Beste.
    Denn wäre er kahl, dann wär’s ein Pfahl.

    Arthur Schramm

    22. Juni 2023